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24 Stunden Lauf in Bad Blumau 2020

Endlich wieder ein Laufbewerb - der 24 Stunden Lauf in Bad Blumau 2020

 

Und dann auch noch die Österreichische Meisterschaft im 24hLauf. Am 4./5. Juli sind unter den 94 angemeldeten viele Topläufer am Start. Aber ich will sowieso nicht vorne mitlaufen. Dafür bin ich ein zu vielseitiger Sportler ohne Spezialisierung bei einer Disziplin. Daher konzentriere ich mich auf meine Ziele.

Minimalziel: meine eigene Bestleistung (bisher 151,7 km) zu überbieten

Nächstes Ziel: die Bestleistung von Roman Bauer (153,7 km) zu überbieten

Dann: die Bestleistung von Harald Helleport (163,8 km) zu überbieten, dann wäre ich in unserer internen Vereinsliste von tri-team.at der Beste

Heimliches Ziel: 180 km zu laufen

 

Am Freitagnachmittag mache ich mich auf den Weg nach Bad Blumau. Das Wetter ist endlich sonnig und der Regen der letzten Tage abgezogen. Nachdem ich die Startunterlagen abgeholt habe, suche ich mir einen netten Zeltplatz entlang der Laufstrecke, damit ich während des Laufes auch immer wieder bei meinem Stützpunkt vorbeikomme. Nach den beiden Ultra-Bewerben 2017 und 2019 ist mir der Ort schon sehr vertraut.

 

Alles ist für den nächsten Tag vorbereitet. Ich spaziere durch den Ort, entlang der Ultra-Radstrecke bis zur Therme und über die Ultra-Laufstrecke wieder zurück zum Zelt. Es schmerzt etwas, dass der Double-Ironman, für den ich mich angemeldet habe, nicht stattfinden kann. Aber dafür habe ich ja jetzt die Möglichkeit, meine Langstreckenlaufleistung unter Beweis zu stellen. Die Sonne ist untergegangen und es wird recht frisch. Daher mache ich mich für die Nacht fertig und lege mich so gegen 22 Uhr ins Zelt um mich noch einmal so richtig auszuschlafen. Das gelingt mir recht gut und ich liege bis 6:15 im Schlafsack und döse so vor mich hin.

 

So, jetzt mal Frühstücken und für den langen Lauf fertig machen. Um Scheuerstellen und Blasen zu vermeiden schmiere ich Hirschtalg auf meine Füße und verteile Vaseline auf sonstige gefährdete Körperstellen. Sonnenschutz darf natürlich auch nicht fehlen. Die Temperatur sollte nicht so hoch werden, aber die Sonne wird uns mit aller Kraft über die Laufstrecke begleiten.

 

Es ist 8 Uhr. Die Marathonläufer starten zu ihrem 2. Lauf an diesem Wochenende. Sie werden von vielen angefeuert und ich treffe schon die ersten Läufer/innen, mit denen ich schon Bewerbe bestritten habe, und wir plaudern über dies und das.

 

Schneller als mir lieb ist wird es doch schon richtig heiß und beim Start um 10 Uhr zeigt die Sonne schon was sie kann. Endlich ist auch für uns der Startschuss gefallen. So gemütlich wie jetzt bin ich noch nie in einen Bewerb gestartet. Aufgrund der Abstandsregeln setzt sich das Läuferfeld nur recht langsam in Bewegung. Trotzdem ist die erste Runde rasch erledigt – es sind nur 1.181 m.

 

Die ersten 40 KM läuft es recht gut. Immer wieder treffe ich jemanden, den ich vom 24hLauf in Irdning oder vom Dirndltalextrem oder vom Ultra-Triathlon hier in Bad Blumau kenne, und wir plaudern kurz und spulen die Kilometer ab. Im Laufe der Zeit werden es immer weniger Wolken am Himmel und die Sonne zwingt mich zu vielen Trinkpausen beim Brunnen. Dadurch kann ich nicht so viel Isogetränk aufnehmen, wie ich eigentlich geplant habe, und die Energiereserven in meinem Körper neigen sich dem Ende zu.

Nach 70 KM, mittlerweile bin ich 8 Stunden unterwegs, melde ich mich für eine Massage an. Die Muskulatur und die Sprunggelenke sind schon etwas angeschlagen und somit lohnt sich diese kurze Pause. Schnell noch einen Riegel und einen Eiweißdrink und ich lege mich im Schatten auf die Massageliege. Einfach herrlich. Der junge Mann bearbeitet mein rechtes Sprunggelenk, dann die Waden und die hinteren Oberschenken. Schnell wieder in die Socken und Schuhe und wieder auf die Strecke.

 

Nach 100 KM will ich mir wieder eine längere Pause gönnen und mich mit Pasta stärken. Die Nudeln schmecken echt gut, dazu einen Becher alkoholfreies Bier. Da ist plötzlich der Akku meiner Uhr leer. Zum Essen habe ich mir eine lange Hose und eine Jacke übergezogen. Doch als ich wieder mit dem Laufen beginne merke ich schnell, dass es nicht wirklich kalt ist und ich kann wieder kurz/kurz weiterlaufen. Nur das mit dem Laufen klappt nicht mehr so wie geplant. Immer wieder gehe ich kurze Stücke. Oft auch unterbrochen durch technische Stopps (Uhr aufladen, umziehen, …). Und so sammle ich während der nächsten Stunden nur wenig Kilometer, obwohl es jetzt nicht mehr so heiß ist und die Laufstrecke dank der 12-Stunden-Läufer, welche um 22 Uhr gestartet sind, recht gut gefüllt ist. Man kann also durchaus im Windschatten hinter anderen mitlaufen – wenn man könnte. Teilweise benötige ich, auch wenn ich durchlaufe, 6 min 30 sec bis 7 min für einen Kilometer. Da geht nicht viel. Die 180 KM kann ich knicken. Ich versuche ein kurzes Schläfchen zu machen um wieder Energie zu sammeln. Doch nach 20 min bin ich nicht eingeschlafen und wuzle mich wieder aus dem Zelt und laufe weiter. Nach 100 Metern, kurz vor der Rundenzählmatte, merke ich, dass die Startnummer mit integriertem Chip noch im Zelt liegt. Also wieder zurück und die Startnummer anlegen.

 

Jetzt, so nach 17/18 Stunden, kommt die Sinnfrage: Wie verrückt bin ich eigentlich? Wieso höre ich nicht einfach auf? Aber wenn ich weitermache und 7 KM in der Stunde schaffe, dann sind meine anderen Ziele erreichbar. Es beginnt zu dämmern. Die Sonne kommt langsam hinter den Hügeln hervor. Es ist atemberaubend so einen Sonnenaufgang mitzuerleben. Die netten Helfer bei der Verpflegungsstation richten Langsemmeln mit Marillenmarmelade. Tolle Abwechslung zu den vielen Melonen, die ich am Samstag bei der Labe genommen habe.

Langsam machen sich die Marathonläufer wieder bereit für ihren 3. Marathon an diesem Wochenende. Es ist bereits 8 Uhr und die Laufstrecke wird wieder etwas mehr frequentiert. Jetzt sind es nur noch 2 Stunden bis zum Zielschluss. Nur mehr so wenig Zeit um auf Tempo zu drücken und noch die nötigen Kilometer zu laufen. Meine persönliche Bestleistung habe ich eingestellt. Wenig später auch die von Roman. Es ist kurz nach halb 10 und auch die 163,8 KM von Harald habe ich soeben überboten. Was geht da noch? Die letzten Runden versuche ich noch einmal Tempo zu machen. Bis endlich die Schlusssirene ertönt. Plötzlich ist es vorbei. Aus. Ende. Stehenbleiben. Startnummer abnehmen und auf den Vermesser warten. Nach der letzten Zeitnehmungsmattenüberquerung werden die restlichen Meter mit einem Rad gemessen. Ich habe 167,05 km in den letzten 24 Stunden zurückgelegt. Kaum zu glauben, aber vor 10 Minuten konnte ich noch laufen und jetzt am Weg zurück zu meinem Zelt bewege ich mich wie beim Zombitreffen. Das linke Knie schmerzt an der Innenseite. Die rechte Hüfte zwickt, eine große Blase, die ich schon seit KM 40 habe und deshalb bei KM 50 einen Schuhwechsel vorgenommen habe, spüre ich auf einmal recht intensiv. Aber es ist vorbei.

 

Ich stärke mich bei meinem Zelt und mache mich auf den Weg zur Dusche. Diese Mischung aus Schweiß, Sonnencreme, Vaseline und etwas Isogetränk auf der Haut möchte ich rasch loswerden. Das Duschen ist herrlich, frische Kleidung anziehen und wieder zurück zum Zelt. Ich setze mich auf meinen Campingsessel und feuere die Marathonläufer an. Die Armen müssen jetzt noch weiterlaufen. Und das bei der Hitze.

 

Da ich, wie erwartet, bei der Siegerehrung nicht aufgerufen werde, mache ich es mir auf der Terrasse gemütlich und gönne mir eine Schnitzelsemmel. (Bei der Siegerehrung werden 2 neue österreichische Rekorde verkündet: Karin Augustin hat in 24 Stunden über 218,8 KM zurückgelegt. Und Rainer Predel hat beim 12-Lauf knapp über 151 KM geschafft. Herzlichen Glückwunsch – und ich mit dabei in dem Rennen!!!).

 

Mittlerweile ist es 13 Uhr und ich bin eigentlich noch immer nicht müde. Obwohl ich die ganze Nacht keine einzige Minute geschlafen habe. Allmählich brechen die Teilnehmer auf und auch ich mache mich ans Wegräumen. Das Zelt abbauen, alles wieder ins Auto räumen und ab nach Hause.

 

Doch es wird nicht lange dauern und ich werde wieder hier sein. Als „Trostpflaster“ für den abgesagten Double-IM haben die Verantwortlichen vom MSC Bad Blumau die angemeldeten Starter am kommenden Wochenende zu einer Radausfahrt und einer Teilnahme am Marathon eingeladen (Aus den geplanten 10 Marathons an 10 Tagen wurde 3 + 1).

 

Ist es ein gute Idee, eine Woche nach einem 24h-Lauf einen Marathon zu laufen???

Na ja, ich werde schauen, wie es mir geht. Ich kann ja jederzeit aussteigen.

 

Also mache ich mich am nächsten Wochenende wieder auf den Weg nach Bad Blumau. Auch diesmal ohne große Erwartungen. Nachdem das Wetter für Samstag regnerisch mit Unwettern vorhergesagt wurde, verkürzen wir die Radauffahrt auf 53 KM, damit wir nicht irgendwo von der Regenfront erwischt werden. Im Anschluss setzen wir (6 Personen) uns noch auf ein Getränk zusammen, bevor wir uns den Nachmittag in der Therme Bad Blumau vertreiben.

 

Am Sonntag steht also der Marathon am Programm. Wie auch schon in die Therme, wurden wir vom MSC Bad Blumau dazu eingeladen – noch einmal herzlichen Dank dafür!

Ich schaue mich am Start um und stelle fest, dass doch 4 oder 5 Starter des 24h-Laufs dabei sind. Bin also nicht nur ich so verrückt! Der Startschuss fällt und wir laufen gemütlich los. Mit 4 min 45 sec pro KM wollte ich den Marathon durchlaufen. Doch nach dem ersten KM zeigt meine Uhr 5 Minuten an. Also erhöhe ich etwas das Tempo und laufe bis zum Ende der Ersten von 15 Runden an zweiter Stelle. Plötzlich lässt mich der Führende vorbei und sagt, dass ich jetzt vorne laufen kann. So bin ich in der Rolle des Tempomachers und pendle mich bei 4 min 30 sec ein. In der 3. Runde kommen von hinten Kraxi (er hat letzte Woche alle 3 Marathons gewonnen) und Georg und ziehen an mir vorbei. Ich laufe weiter mein Tempo und lasse sie ziehen. Da wir die Runden auf der Ultra-Laufstrecke zurücklegen (eine Pendelstrecke), trifft man immer wieder die anderen Teilnehmer und hat einen guten Überblick, wie man im Rennen liegt.

 

Nach einigen Runden haben die beiden an der Spitze des Feldes etwas Tempo rausgenommen und ich kann wieder aufschließen, obwohl ich weiterhin mit 4 min 25 sec unterwegs bin. Nach 1h35 min30sec ist die HM-Marke erreicht. Kurz davor habe ich wieder die Führung übernommen und bin von mir selbst überrascht, dass es so gut geht. Bis zur 11. Runde kann ich das Tempo konstant halten. Dank der Eigenverpflegung ist meine Energieversorgung top und ich baue den Vorsprung wider Erwarten langsam aus. Die letzten 4 Runden ist der Wind etwas nervig und ich merke, dass ich langsamer werde. Trotzdem wird der Vorsprung immer größer und ich habe bis auf Georg, der von der Belastung schon recht gezeichnet ist, und Kraxi alle anderen Teilnehmer schon mindestens einmal überrundet. Doch auch bei mir schwinden die Kräfte. Den letzten vollen Kilometer schaffe ich gerade einmal in 5 Minuten, aber es ist ja nicht mehr weit. Als erster Läufer überquere ich die Ziellinie, in einer Zeit von 3h13min46sec. Hätte ich mir nicht gedacht.

 

Bis zur Siegerehrung werden alle Teilnehmer, die noch im Rennen sind, immer wieder bei der Wende angefeuert (Auch nachher noch, aber da bin ich schon auf dem Heimweg). Es ist einfach eine familiäre Stimmung. Viele Marathonläufer sind schon die letzten Jahre immer wieder hier und „man kennt sich“. Da stört es auch niemanden, dass manche Starter über 7 oder sogar 8 Stunden auf der Strecke sind. Das macht für mich auch den Reiz dieser Veranstaltung aus. Es waren wirklich zwei tolle Wochenenden und ich freue mich schon auf nächstes Jahr. Schau wir mal, welche Bewerbe ich da bestreiten werde. Bis dahin werde ich mich zur Abwechslung wieder auf einen Berglauf vorbereiten. Am 5. September starte ich beim Hochwechseltrail. Als Ausgleich für die vielen flachen Kilometer in Bad Blumau!

 

Mehr Infos unter: http://www.lauffestival.com/